Warum sollte man sich in Zeiten von Youtube und kostenlosen Gitarrentutorials überhaupt noch einen Gitarrenlehrer suchen? Ich habe über diese Frage viel nachgedacht.

Es gibt im Internet viele hervorragende Lehrvideos zu Songs und Gitarrentechniken. Noch dazu kann man sich diese immer wieder anschauen, wann und sooft man will. Und das alles auch noch umsonst. Es wäre blöd, dieses geteilte Wissen nicht zu nutzen. Deswegen ermutige ich meine Schüler immer, auch dort zu forschen.

Dennoch gibt es drei Punkte, in denen ein Gitarrenlehrer meiner Meinung nach einen großen Vorteil bringt gegenüber Lehrvideos.

1. Der richtige Schwierigkeitsgrad.

   Wir wollen im Gitarrenunterricht Neues lernen und haben etwas gefunden, was uns interessiert. Wenn aber das Thema zu schwer oder zu leicht ist, sind wir über- oder unterfordert. Das frustriert schnell. Als Gitarrenlehrer sehe ich, wo du gerade stehst, und kann dir helfen, passende neue Herausforderungen zu finden. Die richtigen nächsten Schritte zu finden ist für einen selbst nicht immer so leicht. Aber durch allmähliches Steigern des Schwierigkeitsgrades kann ich dir helfen, auch weiter entfernte, langfristige Ziele zu erreichen. Und wir können genau mit dem Stand anfangen, den du gerade hast.

2. Ein Video gibt uns keine Rückmeldung zu unserem Spiel.

   Wir versuchen bestmöglich nachzuspielen, was uns im Tutorial erklärt wird. Das Video gibt uns dann aber keine Hilfe, wie wir es uns noch leichter machen können. Im Gitarrenunterricht dagegen kann ich dich auf Details hinweisen, die das Nachspielen viel leichter werden lassen. Dies kann alles mögliche sein: Manchmal ist es die Betrachtung eines Bewegungsablaufs, manchmal eine Orientierungshilfe auf dem Griffbrett. Oder ein inneres Bild, das man sich vorstellt, um Gewohnheiten zu verändern. Aber es hat immer mit deinem Spiel und deinen Fertigkeiten zu tun.

3. Die eigene Wahrnehmung.

   Wenn wir etwas erklärt bekommen, nehmen wir nur das wahr, was wir schon begreifen können. Bei mir selber beobachte ich das immer wieder. Wenn ich ein Lehrvideo mit zwei Jahren Abstand noch einmal anschaue, nehme ich ganz andere Details wahr als beim ersten Mal. Nicht, weil ich es beim ersten Mal nicht gehört habe. Vielmehr hat sich mein Bewusstsein und mein Bezug zur Musik weiterentwickelt und ich kann diese neuen Aspekte jetzt erst begreifen. Wenn ich als Gitarrenlehrer aber im Unterricht direkt vor dir sitze, merke ich, wenn du wesentliche Punkte noch nicht wahrnimmst. Als Folge kann ich deinen Fokus immer wieder darauf lenken, bis du anfängst, auch diese Aspekte von Anfang an zu verstehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, das die große Schwäche von Lehrvideos ihre einseitige Richtung ist: Wir können zwar das Video sehen, das Video kann aber nicht uns sehen. Damit müssen wir selber einschätzen, ob wir alles richtig machen und übersehen wohlmöglich über Jahre wichtige Aspekte.